Essen auf Rädern
TEXT & FOTOS: Günter Kast
Ganz legales Doping: Wer im Mashatu Game Reserve in Botswana zwischen Elefanten und Löwen mit dem Mountainbike fährt, kurbelt automatisch einen Tick schneller.
Gleich das erste Camp hält eine Überraschung bereit. Wir hatten Zelte erwartet, doch da stehen nur Feldbetten unter den Ästen eines gewaltigen Mashatu-Baumes. Den einzigen Schutz vor wilden Tieren in dieser Open-Air-Suite bieten in den Boden gerammte Holzpalisaden, die eine kreisrunde Boma formen, wie sie typisch ist für Dörfer in ganz Afrika. Wir nehmen es zunächst gelassen. Schließlich wollen wir den geheimnisvollen Geräuschen des Busches ja ganz nah sein und über uns die Sterne der Südhalbkugel leuchten sehen. Als das Lagerfeuer erlischt, lauschen wir dem Kichern der Tüpfelhyänen und dem Konzert der Schakale. Wir denken an das Löwenrudel, das wir am Abend am gegenüberliegenden Flussufer in sicherem Abstand gesehen hatten. Doch jetzt ist da dieses markerschütternde Brüllen. Ein Traum? Warum aber hören wir dann die aufgeregten Stimmen unserer Guides, die in die Hände klatschen und mit Peitschen knallen. Kein Zweifel: Die Löwen belagern unser Camp. Mit einem einzigen Satz könnten die Großkatzen über die Palisaden springen. Der Rest der Nacht verläuft eher schlaflos, aber immerhin werden wir nicht gefressen. Am nächsten Morgen zeigt uns Guide Mosa mit einem Grinsen im Gesicht die riesigen Abdrücke der Tatzen direkt vor dem Eingang zur Boma. Willkommen in Afrika! Willkommen im Mashatu Game Reserve im Osten Botswanas. Zu Hause hatten wir es richtig spannend gefunden, dass man hier nicht im Geländewagen, sondern mit dem Mountainbike zum Tiere gucken aufbricht. Jetzt sind wir nicht mehr sicher, ob das eine so gute Idee ist. Mosa zurrt das Gewehr und das Funkgerät am Rucksack fest und setzt eine ernste Miene auf: „Das hier ist kein Zoo“, doziert er. „Ihr müsst genau auf meine Kommandos hören. Das wichtigste lautet: Nicht davonlaufen, niemals!“ Großkatzen würden Menschen nur angreifen, wenn diese sich wie Beutetiere verhielten. Als wir losrollen, bekomme ich Falco trotzdem nicht aus dem Ohr. Seinen „Kommissar“ habe ich umgedichtet in „Dra’ di ned um, der Löwe, der geht um …“. Immer wieder blicken wir über die Schultern, obwohl Pontsho, ebenfalls mit Funkgerät ausgerüstet, den Besenwagen spielt.
Zuerst überfordert uns das Multitasking: Nach Tieren Ausschau halten und gleichzeitig nicht gegen Termitenhügel und in die von Warzenschweinen gegrabenen Löcher fahren – das fordert unsere volle Konzentration. Allmählich verschwindet jedoch die Nervosität. Wir merken, dass man die Savanne ohne die Blechhülle des Geländewagens viel intensiver wahrnimmt. Auf einem natürlichen, von Elefanten ausgetretenen Singletrail cruisen wir durch die Wildnis. Was für eine perfekte Spielwiese für Bergräder! Die Stollenreifen wirbeln glitzernde Staubfahnen in die klare Morgenluft. In der stillen Weite mit dem MTB unterwegs zu sein, ist Sport und Meditation zugleich. Die Beine geben Gas, der Kopf kommt runter. Zebras, Elenantilopen, Kudus und Impalas fliegen wie in einem Film an uns vorbei.« (…)
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