Eis zu seiner Zeit
Text&Fotos: Malte Clavin
Von bequem bis extrem: Das verschneite Finnland bietet jenseits klassischer Wintersportarten einige Ausnahmeaktivitäten für Experimentierfreudige. Malte Clavin versucht sich an einem eisigen Triple und besucht den einzigen Kurs weltweit, in dem man Freitauchen unter Eis erlernen kann.
Eisklettern ist im Nuuksio Nationalpark eine Randerscheinung. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn direkt neben dem Eishang befindet sich eine beliebte Skipiste. Unsere Aufmerksamkeit hat er aber sicher, denn es geht darum sich in Finnland einem eisigen Triple zu stellen. Zunächsttauschen Annette, meine Frau, und ich unsere Wanderstiefel gegen fest besohlte Leihstiefel aus, von denen die untergeschraubten Steigeisen nicht abfallen können. Wir legen den Harnisch an und setzen den Helm auf. Breitbeinig, damit die Steigeisenzacken sich nicht in die Hosenbeine bohren, stapfen wir ein paar Minuten zur Einstiegsstelle.
Das Sicherheitsseil wird von Kletterguide Marja mit doppeltem Karabinerhaken am Harnisch befestigt. Es läuft etwa zwanzig Meter über uns durch einen Bohrhaken am Kopfende des Felsens und dann runter zu Marja. „Schlagt den Eispickel weit über Euch ein.“, weist sie uns an. „Erst rechts ein-, zweimal, dann links. Macht einen Testzug, um zu sehen, ob das Eis hält. Dann Hochziehen. Hüfte ran an die Wand. Beine schulterbreit. Füße waagerecht ins Eis treten, nicht zu hoch, nicht zu niedrig. Halt finden. Wippend den Stand sichern. Hochschauen. Und von vorn.“
Es ist anstrengender als es sich anhört. Wir mögen den Eispickeln und Steigeisen zu Beginn nicht trauen. Schließlich hängt unser Gewicht an nur wenigen dünnen Stahlzapfen. Doch Aufstiegsspaß und Dopaminausstoß verjagen rasch die physische und psychische Anfangsbelastung. Mancher Eispickelhieb gleicht einer kleinen Eissprengung. Unsere Helme mit Visier trotzen den kleinen Eislawinen.
Nachdem ich schweißgebadet wieder unten angekommen bin, möchte ich wissen, was Marja am Eisklettern fasziniert. „Ich höre auf den Klang des Eises, wenn ich einschlage. Man klettert mit den Ohren. Auch die Vibration des Eises teilt viel mit. Bei langen Eispassagen und -flächen ist dann besondere Vorsicht geboten. Eis ist für mich weicher, lebendiger, gesprächiger als Fels. Und jeden Winter zeigt es sich in neuem Gewand. Das gefällt mir.“
EISBRECHER UND EINBRECHER IM HAFEN
„Diese Sache hat einen Haken. Und der kann Leben retten.“ Leif Rosas ist Geschäftsführer von RedRib Experience in Helsinki und zeigt Annette und mir einen Griff mit Kralle. „Stell‘ dir vor, du bist gerade ins Eis eingebrochen. Niemand ist da, um dir zu helfen. Du musst
dich selbst aus dem Wasser ziehen. Ohne (…)