Eine Woche umzingelt von 4000ern
Text: Timo Kayser
Bilder: The North Face
Sieben Tage und unzählige Höhenmeter im Herz der Alpen. Ein Abenteuer zwischen Eis, Schnee, Wind, der Frage, wie weit man wirklich gehen kann und der Erkenntnis, dass es am Berg nicht um Sieg geht. Es geht darum, im richtigen Moment die richtige Entscheidung zu treffen.
Der Morgen in Zermatt riecht nach Frost und Adrenalin. Der Wind zieht über die Dächer, während sich das Team von The North Face in der Morgendämmerung fertig macht. Beim Frühstücksbriefing wurde die Ausrüstung besprochen, vieles davon für einige des Teams kein daily business: Klettergurt, Steigeisen, Eispickel und das Advanced Mountain Kit.
Die Anspannung ist wie die Vorfreude in den Gesichtern zu erkennen. Der Berg? Gleichgültig. Der Körper? Wird irgendwann protestieren. Aber genau dort, auf 4000 Metern Höhe, wo die Welt nur noch aus Fels, Eis und Willenskraft besteht, beginnt das, was Viele suchen: dieser kurze Moment, in dem nichts anderes zählt als der nächste Schritt. Das gesetzte Ziel: Viertausendergipfel. Doch alles kommt anders.
ANKOMMEN IM WEISS
Schon die Anreise ist ein Vorgeschmack auf das, was kommt. Von Hamburg nach Amsterdam, weiter nach Genf, und ab dort mit dem Zug langsam hinein in die Alpen. Mit jedem Kilometer verändert sich das Licht. Aus grauen Ebenen werden schneebedeckte Hänge, aus dem Rattern des Zuges wird das leise Grollen der Berge. Hinter den Fenstern glitzern erste Gletscherzungen im Sonnenlicht, Zermatt rückt näher. Die Luft ist klarer, die Gedanken werden stiller. Hier, wo die Berge das Sagen haben, fängt das Abenteuer an. Erster Tag in Zermatt. Wir fahren früh mit der Bahn auf die obere Station am Matterhorn, der Blick auf den ikonischen Gipfel wirkt fast unwirklich. Vier Stunden Schneewanderung stehen auf dem Programm, um mit dem neuen Advanced Mountain Kit von The North Face warm zu werden. Kein Wettkampf, kein Rekord, sondern ein Kennenlernen. Von Schuhen, Jacken, Atem und Körper. Wie reagieren die Füße auf den Schnee? Passt die Kleidung? Wie verhält sich die Ausrüstung? Wir steigen bis fast zur Hörnli-Hütte auf, die bereits geschlossen ist: Saisonende. Der Schnee knirscht, die Sonne blitzt kurz zwischen den Wolken. Am Nachmittag nehmen wir die letzte Bahn ins Tal. Es ist ein ruhiger, ehrlicher Einstieg, genau richtig, bevor es ernst wird.
WHITEOUT AM BREITHORN
Folgetag. Ziel: das Breithorn, 4.164 Meter. Endlich ist es soweit. Ein Gipfelsturm. Die Teilnehmer aufgeregt wie Hunde vor dem Schlitten. Mit der Gondel geht es hinauf zum Kleinen Matterhorn. Schon beim Ausstieg merkt man, wie die Luft dünner wird. Nasenbluten bei einigen, der Körper reagiert sofort auf die Höhe. Oben: Steigeisen an, Seilgruppe bilden, der Schnee liegt rund 40 Zentimeter tief. Unter den Füßen schimmert bläulich das Eis des Gletschers. Wir steigen in Vierer- bis Fünferteams auf, konzentriert, ruhig, Schritt für Schritt. Auf rund 4.080 Metern plötzlich Whiteout. Wind, Nebel, nichts mehr zu sehen. Das Vorauskommando meldet steigende Lawinengefahr. Entscheidung: Abbruch. Kein Gipfel heute. Nur Erfahrung und der Respekt vor dem, was Natur wirklich bedeutet. Beim Abstieg ist niemand wirklich enttäuscht, es herrscht dennoch kollektive Stille.
Die folgende Nacht bringt Schnee. Und zwar richtig: bis zu 70 Zentimeter. Ein weiterer Gipfelversuch? Unmöglich. Stattdessen wartet eine andere Herausforderung: eine Via Ferrata, der Klettersteig in der Gornerschlucht von Zermatt. Abseilen, Schwingen an Stahlseilen, Zip-Lines, 15-Meter-Abgrund und unter einem ein reißender Strom eiskalten Wassers, welches sich seit Jahrhunderten schlängelnd durch den Fels frisst. Hier zählt …
